Es kam einfach in letzter Zeit zu viel Gerede über die Beziehungen und somit habe ich beschlossen meine persönlichen Beobachtungen und Erkenntnisse zusammen zu schrieben. Die romantische Liebe erlebt momentan eine Wendung, immer mehr Menschen verabschieden sich von dieser Vorstellung. Ich beobachte wie beinah Verträge geschlossen werden, wie Menschen ihre Listen checken und die Häkchen rechnen, vergleichen mögliche Varianten, halten sich möglichst viele Optionen offen und das aller präsenteste ist der Wunsch alles zu haben und nichts zu geben. Vermutlich besser gesagt „nichts aufzugeben“. Aber so ist das nun mal, wenn zwei Welten aufeinanderprallen, entsteht zunächst einen Chaos bevor daraus eine neue Welt geboren wird.
Ausnahmslos, jede Beziehung braucht eine gemeinsamen Basis. Sollte dies von Anfang an nicht vorhanden sein, wird es sie auch später nicht geben. Dies ist eine Wahrheit, womit kaum jemand zu Recht kommt. Viel zu viele Hoffnungen werden rund um die gemeinsame Entwicklung und Interessen gemacht. Man hofft eine gemeinsame Zukunft aufzubauen und durch gemeinsame Erfahrungen näher zu kommen, doch das Fundament ist unverzichtbar. Wer was anders glaubt, wird die Enttäuschungen in ihre ganze Palette erleben müssen. Das gilt übrigens für jede Art Beziehung. Etwas soll Menschen verbinden können und je fester und größer es ist, desto wahrscheinlicher, dass man eine Weile gemeinsam den Weg meistern wird.
Neben der gemeinsamen Basis ist es sehr wichtig gemeinsame Ziele, bzw. Träume zu haben. Doch bevor man sich der Zukunft wendet, sollte man möglichst viel Wahrheit bzw. Transparenz in die Gegenwart bringen. Was wieder nicht heißen soll, dass man einen Vertrag abschließt und die ganze Romantik bei Seite schiebt. Doch ein Paar ehrliche aufklärende Gespräche sind immer von Vorteil. Lügen haben kurze Beine und vor allem hässliche Gesichter. Wer sich erhofft, dass der Partner einem von den Lippen seine Wünsche ablesen wird, wird früher oder später feststellen müssen, dass die Fähigkeit zu sprechen bei Menschen sich doch nicht einfach so entwickelt hat.
Wenn wir schon bei der Ehrlichkeit sind. Es ist sehr wichtig sich ein möglichst klares Bild von dem Partner zu erschaffen. Niemand wird [mit Hilfe von außen] geändert, nur wenn der Mensch es selbst möchte. Dies ist aber weder dein Verdienst noch dein Fehlschlag wenn es passiert oder eben nicht. Die Erziehung war die Aufgabe seiner/ihrer Eltern und jetzt kann nur der/die selbst sich ändern. Ja, du kannst die Inspiration sein, doch mehr als das sollte man nicht auf sich nehmen.
Ein verbreiteter Irrtum, das immer wieder ausgelebt wird und leider viel zu oft zu Enttäuschungen und Dramen führen kann ist, dass der Partner einem etwas geben kann, was einem fehlt. Hier ist die Liste individuell und darf wirklich großzügig ausgeführt werden. Doch wenn man es nur auf einen Satz reduzieren müsste: der Partner wird dich nicht glücklich oder glücklicher machen, als du es bis jetzt bist! Keine Lücken werden gefüllt und keine Mängel werden durch seine/ihre Anwesenheit behoben. Deine Leere kannst nur du selbst füllen! Viel schlimmer! Alles was dir gerade fehlt und womit du unzufrieden bist, wird nur noch verschärft, vergrößert und verdeutlicht! Denn der Partner ist ein immer vorhandener Spiegel! Die gute Nachricht ist jedoch, dass es auch für tolle Sachen in dir gilt! Alle deine gesunden Aspekte können dank dem Partner noch mehr zum Vorschein kommen. Es ist so schön und unglaublich förderlich für beide sich in die ähnliche Richtung zu entwickeln, sich anzujubeln und das Potential des anderen zu stärken.
Die traurige Wahrheit lautet, dass die meisten leider sich selbst nicht kennen. Viel zu wenig Zeit und Mühe wurde in die eigene Entwicklung investiert bevor man beschlossen hat sich auf jemanden einzulassen. [Hat man das überhaupt bewusst beschlossen, oder hat man sich eher im Rausche der Hormone dem hingegeben?] Statt sich selbst zu erforschen, wendet man den Blick nach außen, in der bitteren Hoffnung gerettet zu werden. Von wem? Von sich selbst? Aber es ist nun mal so, dass die Partner kommen und gehen, während wir uns selbst bleiben. Niemand wird dich retten! Nicht einmal du brauchst es zu machen, weil du kein Opfer bist. Du kannst die Verantwortung übernehmen und sofort beginnen dich zu ändern, dich zu entwickeln, zu erforschen, zu verstehen, eben eine Beziehung zu dir selbst zu führen.
Niemand ist perfekt. Ich bin es nicht, du bist es nicht, er, sie ist es nicht. Es ist die Tatsache! Auch keine Beziehung ist perfekt. Egal wer dir was erzählt hat! Lass dich davon nicht täuschen. Alle ausnahmslos haben ihre Probleme und Aufgaben. Die Herausforderungen sind ein Teil des Lebens und sie wären da mit oder ohne Partner. Nimm sie hin und meistere sie. Auch hier ist die Verantwortung gefragt. Nur mit einer kleinen Änderung – in der Beziehung, wenn man es schon angeht, ist Verantwortung von beiden Seiten ein absolutes Muss. Beide tragen gleiche Verantwortung dafür ob und wie die Beziehung laufen wird.
Ein Schüler kommt zu seinem Meister und fragt ihn: „Meister, ich würde gerne heiraten, doch ich weiß immer noch nicht was ist wichtiger, geliebt zu werden oder zu lieben?“
Meister erwiderte mit der Frage: „Was ist wichtiger die linke oder die rechte Gleiskette des Panzers?“ Der Schüler antwortete: „Rechte!“ Der Meister hat ihm auf den Schädel geklopft: „Wie soll der Panzer auf einer Gleiskette fahren? Verpiss dich, du mieser Ingenieur!“
Das schlimmste was man sich antun kann, ist in einer Beziehung zu sein, weil man lieber mit jemandem ist als allein. Doch kaum jemand möchte sich dies gestehen. Diese tiefsitzender Angst allein zu bleiben. Weil wir doch schon soziale Tiere sind ja, aber die Wurzeln dieser Angst liegen tief in der Unkenntnis von sich selbst. Selbst wenn man einen Fehler gemacht hat und sich in einem getäuscht hat, oder selbst unfähig war eine Beziehung zu führen, darf man sich dies eingestehen [Verantwortung übernehmen] und weiterleben. Leben bedeutet auch zu lieben.
Ein gegenteiliges Beispiel sind die bindungsunfähigen Menschen, die glauben ihren Weg der Isolation als eine Heldentat darstellen zu können. Nun, in Wahrheit kostet es gar nicht so viel Mühe und Kraft allein zu sein, wie man es glaubt. Der Weg der Einsamkeit ist ein viel leichterer und bequemerer, als ein Weg mit einem Gefährten bei Seite. Hier schließt sich der Kreis. Man kann in einer Beziehung sein, nur wenn man bereit ist etwas von sich aufzugeben. Also die einsamen Helden sind vermutlich noch größere Egoisten und Angsthasen als die, die sich bereit erklären mit irgendjemandem zu sein, als mit sich selbst.
Ich würde jedem empfehlen, der glaubt eine Beziehung zu haben bzw. eingehen zu wollen, erst mal eine Beziehung zu sich selbst aufzubauen. Dann sich ehrlich zu gestehen, dass jede Beziehung Arbeit bedeutet und schließlich gut überlegen was man sich davon verspricht, noch einen Job anzunehmen.