Zweifellos ist Yoga nicht für alle. Trotz allen Bemühungen des Marketings und Popularisierungsstrategien von Yoga im Westen – es ist schlicht und einfach nicht für alle.
Wenn ich von Yoga spreche, dann meine ich auch YOGA – alte indische Philosophie und nicht die armselige Reduktion des Westens. Im Westen nennt man Gymnastik, die von yogische Asana Praxis abgeleitet ist – Yoga. Wie viel hat es damit zu tun? So viel wie eine Plastik Blume mit einem lebendigen Lotus. Es lebt nicht, es duftet nicht, es hat keine Interaktion mit der Umwelt, es sieht lediglich dem echten Lotus nah aus.
Asana Praxis ist so cool, so revolutioniert und nach neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft modifiziert, dass nun wirklich jeder unabhängig vom Alter, Geschlecht und Ausgangslage des körperlichen Fitnesses, sich damit beschäftigen kann. Und jeder wird da Erfolg haben! Egal, ob man das gesamte Wohlbefinden erhalten möchte, Stress reduzieren, beweglicher werden oder letztendlich abnehmen. Aber was hat es mit Yoga zu tun?
Yoga ist eine mega alte Philosophie. Ja, es ist keine Religion, es ist schlicht und einfach eine ethisch-praktische Philosophie, Weltsicht, wenn man so möchte. Der yogische Weg ist anstrengend, lang und kompliziert. Wie viele Menschen kennst du, die sich bewusst für eine anstrengende, lange und komplizierte Reise entscheiden würden? Ah, ja, da war das Wörtchen „bewusst“. Wie viele Menschen kommen dir bewusst vor?
Als ich Yoga für mich entdeckt habe, dachte ich: „Waw – das ist der Schlüssel zur Glückseligkeit, Ich habe die Formel geknackt und jetzt rette ich die Menschheit.“ Ich kam zum Yoga über Buddhismus. Diese wunderschöne Philosophie, die fälschlicherweise als Religion bezeichnet wird, leider schon so massiv pervertiert und unnötig neu interpretiert wurde, dass ich es als vergeblich sah, Menschen es näher zu bringen. Doch ich sah die Begeisterung von Menschen für Yoga. „Ja,“ – dachte ich, „es spielt keine Rolle, wie ein Mensch den Zugang zum Yoga findet. Asana Praxis ist auch ein Zugang.“
In der Tat, körperliche Übungen sind oft ein Zugang zum Yoga. Man fängt an den Körper zu spüren – Achtsamkeit steigt, Man fängt an die Sinne nach innen zu richten – Konzentration erhöht sich. Man lernt Ausdauer, Disziplin und Wille – die Kontrolle über die Gedanken tritt ein. Kaum hat man den Sonnengruß drauf, schon ist man ein Yogi. Also doch für alle? Leider nicht.
Yoga wird dich catchen, sobald du den ersten Yoga-High erlebt hast, wirst du mehr und mehr wollen, und glaube mir, es wird nie aufhören. Deine Prioritäten werden sich verschieben, du wirst immer mehr auf deine Gedanken achten, damit auch auf deine Worte und die Taten. Das Ganze wird unvermeidlich dein Leben verändern. Die Veränderungen werden wie eine Schneelawine eintreten. Kaum hast du dir eine persönliche Yogamatte gekauft, schon stehst du mittendrin in einem Bio Laden und liest die Zutaten auf der Verpackung durch. Kaum hast du das Geld für ein neues Kleidungsstück, schon trägst du neue Leggings, statt unbequemen Jeans. Kaum hast du eine Einladung verweigert, wegen Yoga am nächsten Morgen, schon bist du auf Bali in einem Yoga Retreat. Das wird nie mehr aufhören. All deine Freunde werden sich neue sortieren. Glaubst du, wollen deine Saufkumpeln mit deinem Ingwer-Tee rumhängen? Oder glaubst du, werden dich noch Dior und Co. interessieren, wenn es so viele natürliche, umweltfreundliche und faire Marken gibt?
Doch auf diesen Weg zu kommen, braucht man ein paar Voraussetzungen. Manchmal sind es die Charaktereigenschaften wie Neugierde und Offenheit, die man womöglich hat und wenn ein Umstand mal die Aufmerksamkeit zur yogischen Philosophie lenkt, dann wird man auf der Yogamatte landen. Manchmal sind da gar keine Voraussetzungen in einem drin, aber die Lebensumstände spielen so zusammen, dass man eines Tages sich hinsetzt, tief durchatmet und unbeabsichtigt meditiert. Doch Yoga ist einfach nicht für jeden, sonst hätten wir die Welt voller Liebe, Verständnis, Empathie und Fülle.
Ich mache Yoga fast sieben Jahre, dennoch erst in diesem Jahr habe ich mich zum ersten Mal getraut mich Yogini zu nennen. In einem Review, das ich ab und zu Geschehen lasse, habe ich die umkehrbaren Veränderungen in meinem Leben zusammengefasst und kam zum Schluss – ich bin nun auf dem Weg. Jetzt bin ich auf dem yogischen Weg, bewusst wie schwer, lang und verzweigt er (ist) sein wird. Direkt proportional zu meiner inneren Welt; und meine innere Welt ist breiter und tiefer als jede denkbare Galaxie. Ich merke wie verzweigt und verwickelt alles ist, wie die Welt atmet und ich mittendrin. Ich merke erst jetzt, die Welt ist ich und ich bin die Welt. Alles ist Eins.
Ich habe keinen Drang mehr jemanden retten zu wollen, Erklärungen für die Welt zu liefern oder die wunderbaren friedvollen Philosophien, wie Yoga oder Buddhismus zu teilen, Diese Welt braucht mich nicht, die Welt ist wunderschön so, wie sie ist. Mit all den Menschen, die unglücklich, ungesund, fett, arm, voller Leiden, Borniertheit, Sturheit und Blödheit sind. Es ist genau so, wie es sein soll. Es ist absolut logisch, dass Yoga nicht für jeden ist.
Wow, was für ein Text.Da wird man schon Yoga Fan nur vom lesen.
lg Robert